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Feynman-Diagramme und Feynman-Kalkül - Kombinationen innerer Linien   

Wenn die inneren Linien virtuellen Teilchen entsprechen, kann man doch beliebige innere Linienkombinationen aufstellen?
Gibt es dann nicht unendlich viele verschiedene Feynman-Diagramme zu einer Kombination bekannter äußerer Linien?
 
Die Antwort lautet grundsätzlich " Ja ". In der Praxis werden zuerst die äußeren Linien gezeichnet. Dann beginnt man mit der kleinsten Anzahl von Vertices, mit 2 Stück, und zeichnet alle möglichen Kombinationen innerer Linien. Dann alle Kombinationen mit 4 Vertices, 6... usw. Man erkennt, wie schnell dabei die Anzahl der Feynman-Diagramme ansteigt.  

Beispiel : e - -e - -Bremsstrahlung
Die Elektron-Elektron-Bremsstrahlung ist ein Beispiel für einen Prozess, dessen Feynman-Diagramm eine ungerade Anzahl von Vertices besitzt. Ein anfliegendes Elektron tauscht mit einem Elektron einer Atomhülle ein Photon aus und strahlt danach noch ein einzelnes Photon ab. Die Abstrahlung (Bremsstrahlung) des Photons führt zu einem dritten Vertex.  
Das Elektron strahlt noch ein einzelnes Photon ab (rechts oben)

Beispiel : M Æ ller-Streuung
Die einfachste Möglichkeit für ein Diagramm der M Æ ller-Streuung ist rechts unten abgebildet (2 Vertices). Die drei rechten Diagramme (ohne Beschriftung; Pfeile sind Elektronen, Wellen Photonen) besitzen 4 Vertices und sind daher aufwendiger. Es sind bei weitem nicht alle, die man sich nur aus Elektronen und Photonen zusammengesetzt vorstellen kann.
Alle haben aber die 4 äußeren Linien, also die beobachtbaren Elektronen, gemeinsam.

Es scheint, als ob das Aufschreiben dieser Diagramme, wenn es unendlich viele davon gibt, keinen Sinn macht

3 mögliche Diagramme mit gleichen äußeren Linien
Dazu muss man Folgendes wissen:

Alle möglichen Feynman-Diagramme eines Wechselwirkungsprozesses tragen zur Gesamtreaktion bei.
ABER: Je mehr Vertices ein Feynman-Diagramm hat, desto (deutlich) kleiner wird dieser Beitrag!

die Möller-Streuung

Wie berechnet man Beiträge einzelner Feynman-Diagramme?
Mit dem noch zu besprechenden Feynman-Kalkül. Wichtig ist dabei, dass zu jedem Vertex ein Faktor   die Wurzel aus der sogenannten Kopplungskonstanten a , gehört.   
Die Kopplungskonstante der elektromagnetischen Wechselwirkung ist a = (e 2 /4 pe 0 h c) » 1/137 .
Die Wurzel daraus ist bis auf einen konstanten Faktor gleich der elektrischen Ladung e. Aus diesem Grund spricht man auch oft davon, dass zu jedem Vertex die entsprechende Ladung e (oder allgemein: g) gehört. Der gesuchte Beitrag ist proportional zum Produkt
aller vorkommenden (bzw. e oder g). Der Beitrag eines Diagramms " zweiter Ordnung", d.h. es besitzt 2 Vertices, ist also proportional zu e 2 ~ a , eines vierter Ordnung (4 Vertices) ist proportional zu e 4 ~ a 2 usw. Dabei ist:  
a » 0,0073  
a 2 » 0,000053  
a 3 » 0,00000039  
a 4 » 0,0000000028  
Man erkennt, wie stark die Beiträge der Diagramme mit steigender Zahl von Vertices, hier wurden nur die geradzahliger Ordnung angegeben, abnehmen, so dass man je nach gewünschter Genauigkeit bereits bei wenigen Vertices abbrechen kann.

Das Problem dabei ist allerdings, dass gleichzeitig die Anzahl der möglichen Diagramme mit wachsendem n sehr stark ansteigt. Während der Beitrag mit a n abnimmt, nimmt die Anzahl der möglichen und damit beitragliefernden Diagramme mit n! (n! = 1 . 2 . 3 . ... . n) zu. Da a n à 0 und n! à ¥ für n à ¥ , kann nicht einfach entschieden werden, dass die Beiträge von Diagrammen höherer Ordnung vernachlässigbar wären. Es hat sich allerdings gezeigt, dass die Beiträge von Diagrammen über 8. Ordnung klein sind.

Eine große Leistung des Physikers Kinoshita ist es, die Beiträge von Diagrammen 8. Ordnung berechnet zu haben (1981). Ausgangssituation war die Berechnung des anomalen magnetischen Moments a des Elektrons innerhalb der QED. Experimentell war a (a exp ) bereits mit einer Genauigkeit von etwa 10 -10 bestimmt. Die Darstellung von a in der QED (a QED ) erfolgt in einer Potenzreihe mit Potenzen von a / p und den Entwicklungskoeffizienten C i :  
a QED = C 1 ( a / p ) + C 2 ( a / p ) 2 + C 3 ( a / p ) 3 + C 4 ( a / p ) 4 ...  
Die Entwicklungskoeffizienten berücksichtigen die Beiträge der Feynman-Diagramme 2. Ordnung (C 1 ), 4. Ordnung (C 2 ), 6. Ordnung (C 3 ) usw..
Das Problem war, dass die Abweichung des QED-Werts vom experimentell bestimmten Wert 7-mal so groß war wie die angegebenen Fehlergrenzen von a exp. Da bisher nur die ersten drei Entwicklungskoeffizienten C 1 , C 2 und C 3 berechnet waren, hoffte man durch die Berechnung von C 4 die Abweichung verkleinern zu können und mit dem neuen Wert für a QED innerhalb der experimentellen Fehlergrenzen zu liegen. Zur Berechnung von C 4 mussten insgesamt 891 Feynman-Diagramme berechnet werden. Die Arbeit hat sich gelohnt, denn die Korrektur C 4 ( a / p ) 4 war wie erhofft in Übereinstimmung mit dem Experiment. (siehe dazu  zum Literaturverzeichnis; [KIN 1981] )  

Bisher haben wir uns mit  Feynman-Diagrammen auf die Quantenelektrodynamik (QED), also nur auf elektromagnetische Wechselwirkungen beschränkt. Auf der nächsten Seite werden wir sehen, wie Feynman-Diagramme in der Quantenchromodynamik (QCD), also bei der starken Wechselwirkung aussehen.  
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